Wie man Schrauben löst
Verfasst: Mo 16. Apr 2007, 21:24
Hallo,
klingt ziemlich trivial, man setzt den passende Schlüssel an und übt ein Drehmoment aus, bis sie sich löst. Tja, mit dieser Methode wird wohl jede zweite Schraube, die mehr als 10 Jahre festsass und Wind und Wetter ausgesetzt war entweder rund werden oder abreissen. Bei einigen bestimmten Schrauben kann das den Verlust des ganzen Motorblocks bedeutet, zB wenn die Kurbelwellenschraube abreisst, denn ausbohren kann man sie nicht, die ist so hart, dass selbst der härteste Werkzeugstahl daran versagt.
Heisse Kandidaten für solche unlösbaren Schrauben sind Inbus und Innenvielzahn! Darum tausche ich diese aus wo es geht gegen Sechskant und zwar nicht die aus dem Baumarkt sondern Edelstahlschrauben aus dem Werkzeughandel.
Baumarktschlüssel sind wenig geeignet, sie sind zu weich und sind nicht masshaltig. Wenn es eben geht öffnet man Sechskantschrauben mit einem Ringschlüssel oder einer Nuss mit 12 Zähnen, nicht mit dem Maulschlüssel. Die billigen Nussen haben nur 6 Zähne, die guten 12 abgerundete. Verchromte Nussen sind Blendwerk, damit soll nur der minderwertige Zustand kaschiert werden.
Von Schlagschraubern halte ich nichts, habe damit mehr Schrauben runiert als herausgeholt. Höchstens ab M12 finde ich sind diese zu gebrauchen, etwa für die Schrauben an der Kupplungdruckscheibe.
Warum gehen Schrauben nicht mehr auf?
1. Im Gewindegang hat sich Rost und/oder Kalk angesammelt und bildet mit der Schraube und dem Gewinde eine unlösbare Verbindung. Besonders anfällig dafür sind die Gewindebolzen im Zylinderkopf die ständig erhitzt werden und erkalten. Blanke Schrauben ("schwarze Schrauben") korrodieren sehr schnell, feuerverzinkte kaum.
2. Die Vorspannung der Schraube ist so hoch, dass das Drehmoment nicht ausreicht, um sie zu lösen, der Kopf wird rund gedreht.
3. Der Kopf ist so stark korrodiert, dass das Werkzeug keine formschlüssige Verbindung mehr eingehen kann.
Warum hält eine Schraube?
Der Kopf presst sich gegen das Werkstück und zieht die Gewindegänge auf ihrer Länge gegen das Gewinde des Loches. Damit ergibt sich eine feste Reibschlussverbindung. Zudem versetzt der Kopf den Schraubenhals unter Zug-Spannung, wie eine Feder. Solche Schrauben haben auf den ersten paar Zentimetern kein Gewinde.
Um eine Schraube zu lösen ist zunächst ein schnelles Drehmoment nötig, das grösser als die Gegenkraft ist, danach geht es recht einfach.
Eine alte Schraube sprüht man vorher mit Kriechöl ein, lässt dieses eine Weile wirken und verpasst ihr dann noch ein paar Schläge mit dem Hammer, damit sie sich das verbackene Gewinde löst. Vom Erhitzen halte ich nicht viel, das bewirkt nur, dass sich die Schraube im Gewinde ausdehnt und der Stahl noch weicher nach dem Erkalten wird. Ausserdem wird die Wärme sehr schnell abgeleitet erreicht nur den Kopf.
Fasst der Schlüssel noch, so ist es ratsam mit der flachen Hand oder einem Hammer auf den Hebel zu schlagen und federnd zu "wippen", das dabei entstehende Drehmoment ist höher als wenn man stetig die Kraft steigert, die Schraube löst sich schlagartig. Auf diese Weise löse ich fast jede Schaube, nur wenige widerstanden. Eine vermukste Inbus kann man noch mit einem Torx lösen, wenn man diesen einschlägt.
Die berüchtigten Senkschrauben an den Bremsscheiben bekommt man am besten los, indem man fest mit einem Hammer auf die Bremsscheibe schlägt ohne diese zu beschädigen, also am Rand.
Die Schrauben an den Achswellen kann man im Notfall am Kopf abflexen, dann stehen noch die Stümpfe heraus, die sich recht einfach lösen lassen sobald die Spannung weg ist. Diese Schrauben musste ich bisher bei allen Fahrzeugen abflexen.
Fies sind auch die Inbus Schrauben an den Riemenscheiben, da sich die Scheibe mitdreht. Diese kann man blockieren indem sie man mit einem Ölfilter-Schlüssel mit Lederriemen hält. Sind die rund hilft nur aufschweissen von Muttern, sie sind in ihren Vertiefungen kaum erreichbar für andere Werkzeuge als eine Knarren-Nuss.
Einen Stehbolzen löst man so: Man schraubt eine Mutter darauf, dann eine Federsicherung auflegen, dann noch eine Mutter und verdreht diese Muttern gegeneinander so, dass sie sich bombenfest verkrallen. Das Werkzeug wird an der unteren Mutter angsetzt, die obere blockiert. Der Rest ist dann wie eine normale Schraube zu behandeln. Falls der Stehbolzen nicht mehr gebraucht wird: Mutter festschweissen.
Zylinderkopfschrauben sind sog. Dehnschrauben, sie werden so fest angezogen, dass die elastische Dehnung in eine plastische übergeht, die nicht mehr rückgängig zu machen ist aber eine sehr feste Verbindung ergibt. Daher werden sie in Fachwerkstätten immer ausgetauscht, was im Hobbybereich aber nicht zwingend nötig ist. Diese Schrauben reissen fast nie ab, korrodieren nicht, sind gut zu lösen weil sie im Öl schwimmen. Dehnschrauben an den Bremshaltern werden mit Superkleber fixiert, waren sie einmal losgeschraubt.
Hilft das nicht mehr und ist die Schraube rund hilft nur noch die harte Methode: Entweder man klemmt eine Grip-Zange um den Rest und zieht diese so fest wie möglich an (halten nur teure Zangen aus) und hofft, dass man damit noch zu Potte kommt oder man schweisst eine Mutter auf den Schraubenstumpf, die grösser ist als der orginale Kopf, denn diese verträgt mehr Drehmoment. Zu diesem Zweck habe ich eine Grip Zange angeschärft, damit sie besser fasst und ihren Hebelarm oben verschweisst, damit dieser nicht abbricht. Kohlenstoffarme Edelstahlschrauben lassen sich allerdings nur mit speziellem Draht schweissen. Das Ausglühen kann helfen eine Schraube mit Kohlenstoff anzureichern.
Ist die Schraube erst einmal abgerissen und der Stumpf nicht mehr erreichbar ist Feierabend, dann hilft nur noch das Ausbohren auf einer Standbohrmaschine, wobei das Werkstück eingespannt wird und exakt mittig mit dem Kerndurchmesser des Gewindes gebohrt wird. Mit der Handbohrmaschine ist da nichts zu machen, die kann man nicht senkrecht führen. Sehr elegant geht es auch mit Bohr-Erodiermaschinen aber wer hat die schon? Linksausdreher sind für die Tonne, wenn die abbrechen ist ganz Ende, der harte Werkzeugstahl verhindert jedes Bohren, ausserdem spreizen sie den Stumpf noch weiter und verfestigen ihn im Gewinde. Ich habe nie damit einen Schraubenstumpf entfernen können, einen teuren Motrorrad Vergaser ruiniert.
Setzt man neue Schrauben ein schmiert man deren Gewinde am besten mit Kupferpaste ein und verwendet grundsätzlich eine Unterlegscheibe. Damit ist gewährleistet, dass sich diese Schraube lange Zeit lösen lässt. Billige Baumarktschrauben haben meist die Festigkeitsklasse 4.6, diese wird in der Industrie nicht verwendet, daher sind gute Maschinenschrauben immer 5.6, 5.8, 6.8, 8.8, 10.9 und 12.9 Je höher die Festigkeitsklasse desto mehr Spannung hält die Schraube aus.
Zu guter Letzt: Lässt sich der Ölfilter so gar nicht lösen sollte man kurz innenhalten und überlegen, ob man auch in der richtigen Richtung dreht. Denn ich habe schon mit Bravour diesen völlig zerstört bevor ich merkte, dass ich ihn fest statt lose zog
Beitrag bearbeitet (16.04.07 22:55)
klingt ziemlich trivial, man setzt den passende Schlüssel an und übt ein Drehmoment aus, bis sie sich löst. Tja, mit dieser Methode wird wohl jede zweite Schraube, die mehr als 10 Jahre festsass und Wind und Wetter ausgesetzt war entweder rund werden oder abreissen. Bei einigen bestimmten Schrauben kann das den Verlust des ganzen Motorblocks bedeutet, zB wenn die Kurbelwellenschraube abreisst, denn ausbohren kann man sie nicht, die ist so hart, dass selbst der härteste Werkzeugstahl daran versagt.
Heisse Kandidaten für solche unlösbaren Schrauben sind Inbus und Innenvielzahn! Darum tausche ich diese aus wo es geht gegen Sechskant und zwar nicht die aus dem Baumarkt sondern Edelstahlschrauben aus dem Werkzeughandel.
Baumarktschlüssel sind wenig geeignet, sie sind zu weich und sind nicht masshaltig. Wenn es eben geht öffnet man Sechskantschrauben mit einem Ringschlüssel oder einer Nuss mit 12 Zähnen, nicht mit dem Maulschlüssel. Die billigen Nussen haben nur 6 Zähne, die guten 12 abgerundete. Verchromte Nussen sind Blendwerk, damit soll nur der minderwertige Zustand kaschiert werden.
Von Schlagschraubern halte ich nichts, habe damit mehr Schrauben runiert als herausgeholt. Höchstens ab M12 finde ich sind diese zu gebrauchen, etwa für die Schrauben an der Kupplungdruckscheibe.
Warum gehen Schrauben nicht mehr auf?
1. Im Gewindegang hat sich Rost und/oder Kalk angesammelt und bildet mit der Schraube und dem Gewinde eine unlösbare Verbindung. Besonders anfällig dafür sind die Gewindebolzen im Zylinderkopf die ständig erhitzt werden und erkalten. Blanke Schrauben ("schwarze Schrauben") korrodieren sehr schnell, feuerverzinkte kaum.
2. Die Vorspannung der Schraube ist so hoch, dass das Drehmoment nicht ausreicht, um sie zu lösen, der Kopf wird rund gedreht.
3. Der Kopf ist so stark korrodiert, dass das Werkzeug keine formschlüssige Verbindung mehr eingehen kann.
Warum hält eine Schraube?
Der Kopf presst sich gegen das Werkstück und zieht die Gewindegänge auf ihrer Länge gegen das Gewinde des Loches. Damit ergibt sich eine feste Reibschlussverbindung. Zudem versetzt der Kopf den Schraubenhals unter Zug-Spannung, wie eine Feder. Solche Schrauben haben auf den ersten paar Zentimetern kein Gewinde.
Um eine Schraube zu lösen ist zunächst ein schnelles Drehmoment nötig, das grösser als die Gegenkraft ist, danach geht es recht einfach.
Eine alte Schraube sprüht man vorher mit Kriechöl ein, lässt dieses eine Weile wirken und verpasst ihr dann noch ein paar Schläge mit dem Hammer, damit sie sich das verbackene Gewinde löst. Vom Erhitzen halte ich nicht viel, das bewirkt nur, dass sich die Schraube im Gewinde ausdehnt und der Stahl noch weicher nach dem Erkalten wird. Ausserdem wird die Wärme sehr schnell abgeleitet erreicht nur den Kopf.
Fasst der Schlüssel noch, so ist es ratsam mit der flachen Hand oder einem Hammer auf den Hebel zu schlagen und federnd zu "wippen", das dabei entstehende Drehmoment ist höher als wenn man stetig die Kraft steigert, die Schraube löst sich schlagartig. Auf diese Weise löse ich fast jede Schaube, nur wenige widerstanden. Eine vermukste Inbus kann man noch mit einem Torx lösen, wenn man diesen einschlägt.
Die berüchtigten Senkschrauben an den Bremsscheiben bekommt man am besten los, indem man fest mit einem Hammer auf die Bremsscheibe schlägt ohne diese zu beschädigen, also am Rand.
Die Schrauben an den Achswellen kann man im Notfall am Kopf abflexen, dann stehen noch die Stümpfe heraus, die sich recht einfach lösen lassen sobald die Spannung weg ist. Diese Schrauben musste ich bisher bei allen Fahrzeugen abflexen.
Fies sind auch die Inbus Schrauben an den Riemenscheiben, da sich die Scheibe mitdreht. Diese kann man blockieren indem sie man mit einem Ölfilter-Schlüssel mit Lederriemen hält. Sind die rund hilft nur aufschweissen von Muttern, sie sind in ihren Vertiefungen kaum erreichbar für andere Werkzeuge als eine Knarren-Nuss.
Einen Stehbolzen löst man so: Man schraubt eine Mutter darauf, dann eine Federsicherung auflegen, dann noch eine Mutter und verdreht diese Muttern gegeneinander so, dass sie sich bombenfest verkrallen. Das Werkzeug wird an der unteren Mutter angsetzt, die obere blockiert. Der Rest ist dann wie eine normale Schraube zu behandeln. Falls der Stehbolzen nicht mehr gebraucht wird: Mutter festschweissen.
Zylinderkopfschrauben sind sog. Dehnschrauben, sie werden so fest angezogen, dass die elastische Dehnung in eine plastische übergeht, die nicht mehr rückgängig zu machen ist aber eine sehr feste Verbindung ergibt. Daher werden sie in Fachwerkstätten immer ausgetauscht, was im Hobbybereich aber nicht zwingend nötig ist. Diese Schrauben reissen fast nie ab, korrodieren nicht, sind gut zu lösen weil sie im Öl schwimmen. Dehnschrauben an den Bremshaltern werden mit Superkleber fixiert, waren sie einmal losgeschraubt.
Hilft das nicht mehr und ist die Schraube rund hilft nur noch die harte Methode: Entweder man klemmt eine Grip-Zange um den Rest und zieht diese so fest wie möglich an (halten nur teure Zangen aus) und hofft, dass man damit noch zu Potte kommt oder man schweisst eine Mutter auf den Schraubenstumpf, die grösser ist als der orginale Kopf, denn diese verträgt mehr Drehmoment. Zu diesem Zweck habe ich eine Grip Zange angeschärft, damit sie besser fasst und ihren Hebelarm oben verschweisst, damit dieser nicht abbricht. Kohlenstoffarme Edelstahlschrauben lassen sich allerdings nur mit speziellem Draht schweissen. Das Ausglühen kann helfen eine Schraube mit Kohlenstoff anzureichern.
Ist die Schraube erst einmal abgerissen und der Stumpf nicht mehr erreichbar ist Feierabend, dann hilft nur noch das Ausbohren auf einer Standbohrmaschine, wobei das Werkstück eingespannt wird und exakt mittig mit dem Kerndurchmesser des Gewindes gebohrt wird. Mit der Handbohrmaschine ist da nichts zu machen, die kann man nicht senkrecht führen. Sehr elegant geht es auch mit Bohr-Erodiermaschinen aber wer hat die schon? Linksausdreher sind für die Tonne, wenn die abbrechen ist ganz Ende, der harte Werkzeugstahl verhindert jedes Bohren, ausserdem spreizen sie den Stumpf noch weiter und verfestigen ihn im Gewinde. Ich habe nie damit einen Schraubenstumpf entfernen können, einen teuren Motrorrad Vergaser ruiniert.
Setzt man neue Schrauben ein schmiert man deren Gewinde am besten mit Kupferpaste ein und verwendet grundsätzlich eine Unterlegscheibe. Damit ist gewährleistet, dass sich diese Schraube lange Zeit lösen lässt. Billige Baumarktschrauben haben meist die Festigkeitsklasse 4.6, diese wird in der Industrie nicht verwendet, daher sind gute Maschinenschrauben immer 5.6, 5.8, 6.8, 8.8, 10.9 und 12.9 Je höher die Festigkeitsklasse desto mehr Spannung hält die Schraube aus.
Zu guter Letzt: Lässt sich der Ölfilter so gar nicht lösen sollte man kurz innenhalten und überlegen, ob man auch in der richtigen Richtung dreht. Denn ich habe schon mit Bravour diesen völlig zerstört bevor ich merkte, dass ich ihn fest statt lose zog

Beitrag bearbeitet (16.04.07 22:55)